Das Bündnis Krankenhaus statt Fabrik hat eine Bewertung der Vorschläge der Regierungskommission für eine “Grundlegende Reform der Krankenhausvergütung” analysiert und bewertet.
Zusammengefasst lässt sich festhalten:
- Die Kommission stellt richtig fest, dass die bisherige Finanzierung über Fallpauschalen zu Fehlanreizen führt: Es wird das behandelt, was sich ökonomisch lohnt und mehr davon, als medizinisch notwendig wäre (Leistungsanreiz). Ihre Vorschläge beheben das Problem aber nicht.
- Die Kommission kombiniert Vorschläge zur Finanzierungsreform mit Strukturvorschlägen: Krankenhäuser werden 3 Versorgungsstufen zugeteilt (bspw. Level III – Maximalversorger, wie Unikliniken), denen Leistungsgruppen (z.B. Krebsbehandlung) zugeordnet sind. Das soll eine genauere Definition des Versorgungsauftrags ermöglichen, was grundsätzlich sinnvoll ist. Das kann aber auch missbraucht werden, um Krankenhäuser aus der Versorgung auszuschließen, wie das schon seit langem von neoliberalen Ökonomen gefordert wird. So sind die Hürden für Level II (Regelversorgung) auffallend hoch. Nur wenige Krankenhäuser würden sie derzeit erfüllen. Sie würden in Level I (Basis- und Notfallversorgung) abrutschen und bekämen viele Leistungen, die sie heute erbringen, von den Kassen nicht mehr vergütet.
- Die Kommission schlägt eine Untergruppe Level Ii vor, die faktisch Pflegeheime mit angegliederten niedergelassenen Ärzt:innen vorsieht. Auch MVZ mit angeschlossenem Pflegebereich sind denkbar. Das scheint die anvisierte Zukunft für viele kleinere Krankenhäuser zu sein.
- Für die Leistungsgruppen sind Vorhaltepauschalen vorgesehen, die aus den DRGs ausgegliedert werden. Die DRGs werden aber nicht abgeschafft, sie sollen weiterhin 40–60% der Gesamtvergütung ausmachen. Damit bleibt der Anreiz Kosten zu sparen und Leistungen auszuweiten bestehen
- Die Vorhaltepauschalen sind keine Finanzierung der notwendigen Vorhaltekosten, also von Personal und Ausstattung unabhängig von der Anzahl der Fälle. Es sind wie die DRGs Pauschalen, die unabhängig von den realen Kosten ausgezahlt werden, was Gewinne und Verluste ermöglicht. In den ersten 5 Jahren werden sie1 prozentual nach den DRG-Erlösen 2023 und 2024 berechnet. Sie sind also abhängig davon, wie viele Fälle ein Krankenhaus in den nächsten zwei Jahren behandelt. Das steigert sogar noch den Anreiz in dieser Zeit die Leistungen auszuweiten. Danach sollen sie nach der zu versorgenden Bevölkerung berechnet werden (Bevölkerungsbezug), nach der Qualität der Behandlung (Qualitätsbezug) und nach der Anzahl der tatsächlichen Patient:innen (Mengenbezug).
- Beim Qualitätsbezug droht eine Selektion durch finanzielle Förderung/Bestrafung. Bereits gut ausgestattete Häuser erhalten mehr Geld, schlechte weniger. Qualität wird aber nicht durch finanzielle Sanktionen gefördert, sondern durch Planung und Investitionen.
- Beim Bevölkerungsbezug ist eine Mindestfallzahl vorgesehen, ab der die Häuser die Pauschale erhalten. Zusammen mit dem Mengenbezug bedeutet das wieder Anreize mehr Fälle zu behandeln, ähnlich wie bei den DRGs.Alle 3 Kriterien haben nichts mit konkreten Vorhaltekosten zu tun.
- Die beste Form der Vorhaltefinanzierung wäre die Kostendeckung: Alles was notwendig ist und dafür vorgehalten werden muss wird zweckgebunden finanziert, ähnlich wie beim Pflegebudget. Unsere Mindestforderung ist daher, alle Personalkosten als Vorhaltekosten aus den DRGs auszugliedern!
Fazit: die angekündigte „Entökonomisierung“ ist ein Etikettenschwindel. Gewinne sind weiter möglich, Leistungsanreize und Kostendruck bleiben bestehen. Zudem droht eine drastische Umstrukturierung, bei der viele Krankenhäuser zu besseren Pflegeheimen umgewandelt werden.
–> Die ausführliche Bewertung findet sich hier: https://www.krankenhaus-statt-fabrik.de/53221