Redebeitrag vom Werner Fuß Zentrum – 24.2.2024

Wir zeigen zwei Bilder von Erdmuthe und Gianfranco

Das sind Erdmuthe Theuermeister und Gianfranco Belli. Beide waren bei uns aktiv, wurden mit § 63 verurteilt und in der KaBoEn weg gesperrt und zwangsbehandelt. Erdmuthe war 7 Jahre weg gesperrt, weil die Teelichter, die sie auf ihr Fensterbrett gestellt hatte, unten in dem Aluschälchen keine kleinen Ausbuchtungen hatten, sondern so heiß wurden, dass das Fensterbrett in Brand geriet. Erdmuthe war unterwegs, was ihr als fahrlässige Brandstiftung ausgelegt wurde. Im Haus kam niemand zu schaden, nur Erdmuthes Wohnung musste wegen des Rauchschadens völlig renoviert werden. In der Psychiatrie hat sie sich immer gegen die Zwangsbehandlung gewehrt. Darüber, wie versucht wurde, ihren Willen zu brechen, hat sie so berichtet:

“Fünf Pfleger stürmen die Zelle, halten mich fest, ziehen mir die Hosen runter. Der Arzt spritz mich dann mit drei mltr Haldol oder mehr ab, ich kann das nicht kontrollieren. Ich versuche mich während der ganzen Prozedur so gut es geht zu wehren. Ohnmächtige Wut, weil es mir nicht gelingt, mich zu verteidigen.

Jede Spritze macht den Körper ein Stück mehr kaputt. Ich kann zusehen wie mein ehemals gesunder Körper nach und nach völlig entstellt und kaputtgemacht wird, die Sehstärke der Augen nimmt drastisch ab. Die Musikalität und Sexualität sind völlig zerstört, meinen ganzen Körper erfasst ein unwillkürliches Zittern, in den Schultergelenken hat sich Rheuma eingenistet. Die Finger sind versteift. Das alles sind Wirkungen von Haldol. Es gibt keine Nebenwirkungen. Die Zerstörung des Körpers ist das eigentliche Ziel. Ich bin Veganerin und konsumiere sonst keine Produkte, die über die Folter von Tieren und Menschen entstanden und entwickelt wurden. Neuroleptika sind so entstanden. Mit der Zwangsbehandlung werde ich auch noch gezwungen, mich als Konsumentin an der Folter zu beteiligen.

Die Schergen wollen, dass ich das Zeug freiwillig einnehme, wie alle hier. Das wird ihnen nicht gelingen. Neuroleptika wirken wie eine ständige Fessel. Mit dieser Fessel versprechen sie uns die Freiheit. Ständig gefesselt und körperlich völlig kaputt sind wir dann auch nicht mehr “gefährlich”. Jeder Gutachter wird uns bescheinigen, dass wir krank sind und betreut werden müssen.

Erdmuthe Theuermeister, Pharma KZ Karl Bonhoeffer, Station 28 Nachdem sie freigelassen wurde, weil ihre Bestrafung völlig jenseits jeder Verhältnismäßigkeit geworden war, lebte sie leider nur mehr ungefähr ein halbes Jahr zurückgezogen im Wald im Grunewald Dort ist sie leider verstorben, wie uns die Polizei berichtete. Der einzige Trost war, dass sie nicht in Gefangenschaft starb.

Gianfranco hatte sich von seinem Nachbarn so gestört gefühlt, dass er gegen dessen Tür schlug und Bedrohungen ausstieß. Kein Mensch war verletzt worden. Er wurde von einem SEK Kommando festgenommen und war dann 19 Jahre in der Forensik eingesperrt. Obwohl Gianfranco später gegen die Neuroleptika keinen Widerstand mehr leistete und er seine Krankheitseinsicht bestätigte, dokumentierten die Ärzte, dass das leider nur eine vorgetäuschte Krankheitseinsicht sei. Forensik ist also ein rein willkürliches Herrschaftssystem, in dem Jede und Jeder verloren ist, der da hineingeraten sollte und ganz egal was man dann noch sagt.

Forensik ist, wo auch immer, die radikalste Form der Zwangspsychiatrie. In der Anklageschrift des Foucault Tribunals schrieb Prof. Thomas Szasz 1998:

Die nicht strafrechtlichen Einsperrung in einer Psychiatrie und die nach einer Verurteilung aufgrund von „Unzurechnungsfähigkeit” sind wie siamesische Zwillinge. Wenn man einen umbringt, sind beide tot. Deswegen ist es auch so hoffnungslos, die nicht-strafrechliche Verwahrung abschaffen zu wollen, ohne gleichzeitig die Auswirkungen der Verteidigung begründet auf „Unzurechnungsfähigkeit” an zu greifen, oder umgekehrt. Die gesellschaftlich nützlichen Fiktionen von Geisteskrankheit und psychiatrischem Fachwissen werden durch zivile Verwahrung und der Verteidigung begründet auf „Unzurechnungsfähigkeit” als „real” bestätigt. Beide schaffen und bestärken die Illusion, dass wir weise und gut mit unseren verzwickten sozialen Problemen umgehen, während wir sie in Wirklichkeit nur verworrener und schlimmer machen. Leider korrumpiert die psychiatrische Macht nicht nur die Psychiater, die über sie verfügen und die Patienten, die ihr unterworfen sind, sondern auch die Gemeinschaft, die sie befürwortet.

Deshalb sind die Verhältnisse in der Berliner Forensik nur ein Teil des Unrechts des Maßregelvollzugs an sich. Er ist illegal geworden, sowieso jetzt, wo nicht nur die UN, namentlich das Hochkommissariat für Menschenrechte, sondern inzwischen auch die World Health Organisation WHO deren Abschaffung fordert. Das freut uns sehr und wir können stolz sagen, dass unsere Dauer-Kritik offenbar Wirkung zeigt, denn außer der WHO hat eine Teil der Psychiatrie, die in der DGSP organisierte Sozialpsychiatrie, die Seiten gewechselt. Die Säulen der Zwangspsychiatrie erodieren nicht nur, sie fangen an zu zerbröseln.

Wir bitten euch, an unserem Ziel, der Abschaffung der Zwangspsychiatrie mit zu arbeiten. Wir werden am 15.3. morgens ab 8 Uhr die auch hier verteilen Flugblätter, _Maßregelvollzug verletzt die Würde,_ vor dem Eingang des Bundesjustizministeriums verteilen.

Links:
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[1] https://www.zwangspsychiatrie.de/